Vermeidung von Stick-Slip-Reibinstabilitäten beschichteter Elastomere auf mikroskopisch rauen und glatten Oberflächen

Quellenangaben
IGF 15810 BG

Eine Kooperation zwischen der Forschungsvereinigung Leder und Kunststoffbahnen (federführend) und der Deutschen Kautschukgesellschaft e.V.

Stick-Slip von Dichtungen im Automobilbereich führt zu starkem Verschleiß und unangenehmen Störgeräuschen und damit zu erhöhten Kosten. Stick–Slip stellt eine spezielle Form von instabiler Reibung dar, die es zu vermeiden gilt. Da die Ursachen für Stick-Slip bisher unklar sind, bestand das Ziel der Forschungsarbeit in der Analyse und Modellierung unterschiedlicher Einflussfaktoren auf den elastischen Kontakt von mit Gleitlack beschichteten Elastomeren auf mikroskopisch rauen bis glatten, starren Oberflächen. Die bisher existierenden Reibungsmodelle zwischen Elastomerwerkstoffen und rauen, starren Oberflächen (wie z. B. Asphalt) sollten dabei Berücksichtigung finden.

Die zu untersuchenden Elastomerproben wurden gezielt hergestellt und behandelt. Gewählt wurden die rußverstärkten Elastomere SBR und EPDM, die unterschiedliche Glasübergangstemperaturen, Vernetzungsgrade bzw. Oberflächenrauheiten aufweisen. Dabei handelt es sich um weit verbreitete Elastomerwerkstoffe mit einem breiten Anwendungsspektrum. Da im Dichtungsbereich grundsätzlich Gleitlacke verwendet werden, kamen vier unterschiedliche Lacksysteme, Zweikomponenten Polyurethanlack (PU), Thermoplastischer Polyurethanlack (TPU), PU-Lacke mit Partikeln aus Polytetrafluorethylen (PTFE) bzw. Polysiloxan zur Anwendung.

Die Elastomere wurden auf ihre Reibeigenschaften gegen Modelloberflächen aus Stahl, Autoglas und lackiertem Blech getestet. Die experimentellen Arbeiten umfassten ebenso die Untersuchung der viskoelastischen Material-, Oberflächen- und Verschleißeigenschaften. Die Rauheitsprofile der Stahl- und Glasoberflächen wurden ebenfalls ermittelt.

Im Ergebnis der Forschungsarbeiten stellte sich heraus, dass sowohl die viskoelastischen Eigenschaften der Elastomere und die Art des Gleitlackes als auch die Art der Struktur der Reibpartner Einfluss auf das Reibverhalten nehmen. Die meisten Reibmessungen wurden trocken durchgeführt, so dass der Effekt reiner Adhäsionsreibung neben der Überlagerung durch den Hystereseanteil bestimmt wurde. Ohne Beschichtung zeigen sich bei glatten Proben nennenswerte bis erhebliche Stick-Slip-Effekte, die je nach Substrat und Füllgrad in Stärke und Frequenz variieren. Auf Blech ist die Amplitude besonders hoch und bewirkt eine große Sprunglänge. Die Reibung steigt bei Abwesenheit von Stick-Slip mit der Geschwindigkeit (variiert von 5 µm/s bis 30 mm/s) und ist abhängig vom Reibpartner. Auf lackiertem Blech ist sie am höchsten, auf Stahl am niedrigsten, Glas liegt in der Mitte. Durch geeignete raue Oberflächenstrukturierung sinkt die Reibung stark ab. Die Rußfüllung verringert bei unbeschichteten Proben die Reibung gegenüber ungefüllten Proben.

Nahezu unabhängig vom Füllstoffgehalt sinkt die Reibung über den gesamten Geschwindigkeitsbereich drastisch durch Beschichtung der Proben. Einige Beschichtungen (vor allem PTFE) reagieren sensibel auf mechanische Belastung. Auch Stick-Slip-Effekte konnten durch Beschichtung deutlich verringert werden. Vor allem auf lackiertem Blech trat er jedoch für kleine Geschwindigkeiten mit verringerter Amplitude weiterhin auf. Durch die Beschichtung der Proben lassen sich auch Reibkoeffizienten deutlich verringern. Dabei zeigt sich, dass eine Beschichtung mit PU oder TPU, unabhängig von der Rauheit der Elastomeroberfläche, die Reibung auf geringere Werte absenkt, während die Verwendung von Polysiloxan und PTFE die Reibung noch stärker verringert. Dieses Verhalten gilt für alle Reibpartner. Speziell bei Polysiloxan steigt die Reibung nicht wie bei den meisten Reibsystemen mit der Geschwindigkeit, sondern stagniert oder fällt ab. Dieser Trend ist oft mit Stick-Slip-Effekten verknüpft. Neben der Oberflächenstrukturierung spielt auch die Oberflächenenergie der beiden Reibpartner eine Rolle, was im Fall von Glas zur Minimierung des Reibwertes gegenüber den lackierten Blechen führt. Generell lässt sich sagen, dass SBR etwas weniger Reibung verursacht als EPDM, bei rauen ebenso wie bei glatten Probenoberflächen. Ursachen sind zum einen die unterschiedlichen viskoelastischen Eigenschaften der Stoffe, leicht erkennbar an der erhöhten Glasübergangstemperatur von SBR gegenüber EPDM, zum anderen die Unterschiede in den Oberflächenenergien, die besonders im Zusammenspiel mit lackierten Blechen zum Vorschein treten.

Das IGF-Vorhaben BMWI IGF 15810 BG der Forschungsvereinigung „Verein zur Förderung des Forschungsinstitutes für Leder und Kunststoffbahnen (FILK) Freiberg/Sachsen e.V." wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und –entwicklung (IGF)" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

Der ausführliche Abschlussbericht ist im Forschungsinstitut für Leder und Kunststoffbahnen (FILK) verfügbar.